Full text: Die Wasserflut am Rheine. Das stumme Kind. Die Kirschen. Die Margaretenblümchen. Der Kuchen

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Bleib, liebe Ottilie! ſagte er, du würdeſt unſer Haus 
ſicher nicht mehr erreichen. Das Waſſer reißt zu gewaltig, 
und wäre dir zu mächtig. Ich will verſuchen, das liebe 
Kind zu retten! Unſere getreuen Nachbarn werden mir 
beiſtehen! Ja, das wollen wir! riefen die zwei Männer, 
die Ottilie und ihre Kinder gerettet hatten. Sie machten, 
mit langen Stangen verſehen, um damit den Grund zu 
unterſuchen und ſich darauf zu ſtützen, unverzüglich ſich 
auf den Weg und einer von ihnen trug eine brennende 
Fackel. 
Ottilie wollte ihnen nacheilen. Die Weiber aber, 
die ſich bei dem Feuer eingefunden hatten, hielten ſie 
mit vieler Mühe und nicht ohne Gewalt zurück. Habe 
nur Geduld, ſagten ſie, und bleib'; du würdeſt nur in 
deinen Tod rennen. Die tapfern Männer retten, wenn 
es anders möglich iſt, dein Kind gewiß. 
Alle auf der Anhöhe ſahen den drei Männern mit 
bebendem Herzen nach, bis die Fackel hinter einem Hauſe 
verſchwand. Alle ſahen noch lange hinaus in die dunkle 
Nacht; ſie erblickten aber nichts mehr von ihnen und hörten 
nur das furchtbare Rauſchen des Waſſers, das Sauſen 
des Windes, und von Zeit zu Zeit das Krachen eines 
einſtürzenden Hauſes. Es wurde den guten Leuten recht 
ſchauerlich, und alle flehten einmütig und mit erhobenen 
Händen zum Himmel: O Gott! erbarme du dich der 
guten Männer und des armen Kindes! Steh' du ihnen 
bei, und laß ſie nicht umkommen. Du allein kannſt ſie 
vom Tode erretten! 
2. Neuer Jammer. 
Ottilie wartete mit Todesangſt auf die Zurückkunft 
ihres Mannes und ſeiner treuen Begleiter. Es war be— 
reits eine Stunde verfloſſen, und noch ſah und hörte man
	        
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