habe, wohl zwei ſtarke Tagreiſen von meiner Heimat, einen
Bruder, der ein hübſches Vermögen beſitzt. Der Bruder,
dachte ich, wird mir das benötigte Geld wohl leihen! Ich
habe die weite Reiſe unternommen, ihm meine Not zu
klagen und Hilfe bei ihm zu ſuchen. Mit zwanzig bis
dreißig Gulden hätte ich eine Kuh kaufen können und ſo
wäre uns geholfen geweſen. Der Bruder war ſehr ge—
neigt, mir das Geld zu ſchenken; allein die Schwägerin
gab nicht einmal zu, daß er es mir auch nur vorſtrecke. Sie
ward ſehr aufgebracht über mich, und machte mir harte
Vorwürfe, daß ich einen Mann ohne Vermögen geheiratet
habe. Der Bruder gab mir jedoch heimlich eine Kleinig—
keit, womit ich meine Reiſe kaum zur Hälfte beſtreiten
kann. Indes war es all ſein Taſchengeld, das ihm zu
ſeinem Vergnügen überlaſſen war. Eben komme ich von
ihm her. Ach! ſeufzte ſie, indem ſie die Augen trocknete,
ich bedaure meinen Bruder; noch mehr aber meinen guten
Mann und meine lieben Kinder! Sie ſehnen ſich mit
Schmerzen auf meine Zurückkunft und erwarten ſichere
Hilfe; wie wehe wird es ihnen thun, wenn ich mit leeren
Händen zurückkehre!
Indes kam der Jäger mit einer wohlgefüllten Jagd-—
taſche von der Jagd zurück. Er grüßte die Fremde ſehr
freundlich. Die Jägerin erzählte, wie ſie der Frau herein
gerufen, und was die gute Frau für ein Anliegen habe.
Recht ſo, Dorchen! ſagte der Jäger. Das freut mich
in der Seele, daß du nach meinem Sinne handelteſt, und
der fremden, bedrängten Frau von dem mitteilteſt, was
uns Gott beſchert hat. Wohlthätigkeit, beſonders gegen
Fremde und Reiſende, iſt eine der heiligſten Pflichten.
Ich habe dazu noch eine beſondere Urſache! ſagte er
zu der fremden Frau, indem er einen Stuhl herbei langte,
ſich an den Tiſch ſetzte, und die Jägerin bat, ihm einen