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tragen, gelang ihm nicht. Um ſein Haupt weicher zu
legen, holte er ſchnell ein Kiſſen herbei. Dann ſuchte er
eine Waſchſchüſſel und ein Handtuch und fing nun an,
das blutüberſtrömte Geſicht zu reinigen. Dabei fand er,
daß aus einer klaffenden Stirnwunde immer neues Blut
hervorquoll. Es zu ſtillen, ward ein anderes Tuch mehr⸗
mals zuſammengelegt, in Waſſer getaucht und über die
Wunde gebreitet. Weil aber das Blut nicht aufhörte zu
fließen, ſo ſprang Jakob wieder hinaus und lief in die
Stadt, einen Arzt herbeizurufen. Dies gelang ihm
ſchneller, als er erwartet hatte. Als er mit dem Doktor
zurückkehrte, fand er neben dem Kleinen, der ſich beruhigt
hatte, eine alte Frau, die vor Schmerz und Schrecken
wie gelähmt war.
Der Arzt unterſuchte die Wunde und fand ſie ge⸗
fährlich. Zuſammen mit Jakob trug er den Greis in
ſein Bett, das die alte Frau unter einer Flut hervor⸗
brechender Klagen und Thränen aufdeckte. Da lag der
Verletzte leiſe atmend, totenbleich, als ſollte er jeden
Augenblick eine Leiche ſein.
„Ach mein Gott, ach mein Gott,“ weinte die Groß—
mutter, „wenn er mir nur nicht ſtirbt, wenn er mir nur
nicht ſtirbt! Ich hab' ihm noch geſagt: „Vaterchen, geh'
nicht hinaus, thu' es nicht, mir zulieb. Der Wilhelm
bleibt bei dir, und ich komm' auch bald wieder aus der
Stadt, wo ich was einzukaufen hab'. Geh' nur nicht
hinaus, du könnteſt wieder fallen, wie neulich, und noch
ſchlimmer, als dazumal, es könnte dein Tod ſein.“ Aber
er hat keine Ruhe drin. Er will immer in den Garten,
und dann vergißt er die Gefahr.“
„Lieber Vater, liebes Alterchen, ſtirb mir nur nicht,“
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