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Zum erſtenmal in ſeinem Leben war ihm ein ſelb
ſtändiger wichtiger Auftrag geworden. Das Vertrauen,
das ihm ſeine Großtante ſchenkte, hob ihn ungemein.
Zugleich aber beſeelte ihn ein edler Feuereifer, ſeiner
teuren Verwandten den verlorenen Herzensfrieden wieder
zu verſchaffen. Er drang deswegen durch die naſſen Ge—
büſche mit einem Ungeſtüm, daß ihm kaum der „Schuſter⸗
willem“ zu folgen vermochte.
Sein Eifer wurde jedoch ſtark abgekühlt, als er endlich
die Hexenmühle erreichte. Die Alte war tauber wie je.
„Sie hätte wieder ihre ſchlimme Zeit,“ ſagte ſie.
Der „Schuſterwillem“, obwohl er ſelbſt oft dieſe Aus⸗
kunft gebrauchte, ſich taub zu ſtellen, hatte bei der Hexen—
müllerin nicht das geringſte Mißtrauen in Betreff der
Schwerhörigkeit, ſondern ſchrie ihr, ſo laut er konnte, in
die Ohren. Es iſt ja oft ſo, daß die Betrüger ſich am
leichteſten wieder betrügen laſſen.
Was man endlich aus der alten Hexenmüllerin heraus⸗
brachte, war, daß der Müller nicht daheim wäre, aber daß
er wohl noch vor Mittag zurückkehren könne.
So verdrießlich dieſe Nachricht war, man mußte ſich,
ſo gut es ging, hineinſchicken.
Otto ſaß am Fenſter und trommelte ungeduldig an
den Scheiben und ſchaute in das trübe, regneriſche Wetter
und den düſteren Wald. Der „Schuſterwillem“ ſtand vor
dem Ofen und trocknete ſeine feuchten Kleider. Die Alte
aber ſann, wie ſie den „Schuſterwillem“ auf gute Manier
aus dem Hauſe brächte.
VPlötzlich kam ihr ein Gedanke. Sie brachte einen
Krug herein, der mit feuchtem Sand gefüllt war, und
legte ihn in den Ofen zum Anwärmen, und gerade dem
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