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denn doch nicht gefallen, daß der Hof von ihrem Neffen
ſo leicht dahingegeben werden könne. Es erwachte in ihr
wieder ein Stück der alten Energie. „Was du ſagſt,
Otto,“ erwiderte ſie, „klingt ganz großmütig, iſt am Ende
aber doch nichts, als die unbedachtſame Jugend, die aus
dir ſpricht. Glaubſt du, man fände einen Hof wie dieſen,
der ſeine achtzigtauſend Taler wert iſt wie einer, auf der
Gaſſe, daß du ihn an den erſten beſten Wilddieb und
Brandſtifter wegwerfen willſt, wenn er nur Anſprüche
macht? Glaubſt du, ich wollte die vierzig Jahre, wo ich
Tag und Nacht faſt nur für die Erhaltung und Verbeſſe
rung des Gutes geſonnen und gearbeitet habe, für nichts
geachtet haben? Nein, ehe ich in der Weiſe den Hof
feilbiete, wie du meinſt, dürfen tauſend Geſtenſte“ —
Sie vollendete den Satz nicht, ſondern warf einen
ſcheuen Blick nach der Ecke, wo der alte Kloſterbauer zu
verſchwinden pflegte. Ihre kaum erwachte Energie erloſch
in dem Andenken an die ſchon erlebten Schrecken.
„O Gott, was bin ich ſo unglücklich,“ klagte ſie
weinend. — „Otto, du verläßt mich nicht heute nacht.
Du magſt in der Sofaecke ein wenig ſchlummern. Ich
will auf dem Seſſel, ſo viel ich kann, ausruhen. Ins
Bett gehe ich nicht.“
„Das iſt mir ganz nach Wunſch,“ ſagte der Forſt⸗
eleve. „Ich möchte dem Ding einmal in den Leib ſehen.
Du erlaubſt, daß ich mir nur ein paar Bücher und meine
Piſtolen aus meinem Zimmer hole, denn vielleicht ſind ſie
nötig gegen Geiſter, wie du ſie beſchreibſt.“
Draußen trieb der Sturmwind noch ſein altes Spiel.
Die Ziegel raſſelten, die Läden klappten und die Bäume
ächzten. Um das Ungemütliche des Wetters zu erhöhen,