Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

ſie: „Verlaß mich nicht wieder, Otto. Noch einen ſolchen 
Schrecken zu erleben, wäre mein Tod. Deine friſche Stimme 
und deine Augen vertreiben die Geſpenſter.“ 
Der junge Menſch, der ſeine Großtante, wie er ſie 
nannte, nur nach ihrem ſehr bewußten, energiſchen Auf 
treten kannte, hielt ſie für eine der mutigſten Frauen der 
Welt. Er war darum ſehr erſtaunt, ſolche unverkennbaren 
Anzeichen der Angſt bei ihr zu finden. Der Doktor mußte 
recht haben, der ſie für krank hielt. 
„Du biſt wirklich krank, Tante. Du haſt dich wahr— 
ſcheinlich erkältet,“ ſagte er, „und ſollteſt dich zu Bette 
legen, um einmal zu ſchwitzen.“ 
Der Frau ſchauderte es, als nur der Name „Bett⸗ ge 
nannt wurde. 
„Ich bin nicht krank,“ ſagte ſie. „Ich weiß beſſer, was 
mir fehlt. In ein Bett aber lege ich mich nicht wieder, 
bis das Geſpenſt aus dem Hauſe iſt.“ 
„Geſpenſt? Was ſoll das mit dem Geſpenſt?“ fragte Otto. 
„Setze dich hierher zu mir,“ ſagte ſeine Tante „Ich 
muß mein Herz ausſchütten. Ich kann es nicht länger 
für mich ertragen.“ 
Doch ehe ſie begann, blickte ſie ſcheu in allen Zimmer 
ecken umher und, ihren Mund ſeinem Ohre nähernd, 
flüſterte ſie: 
„Er geht wieder um.“ 
„Wer denn?“ fragte befremdet der junge Mann. 
„Nun, der alte Kloſterbauer.“ 
Der Forſteleve lachte laut auf. Als er aber ſeiner 
Tante ernſtes Geſicht ſah, ſagte er: „Es iſt nicht möglich, 
Tante, daß du dich durch ſolch ein abgeſchmacktes Ammen 
märchen ängſtigen läßt!“ 
„Otto,“ ſagte ſie, „du kennſt mich ſeit langen Jahren
	        
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