Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

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Sie verfiel in eine Art Wahnſinn, von dem ſie erſt 
nach und nach wieder geheilt wurde. 
Dieſer Wahnſinn war aber nicht bloß, wie alle Welt 
glaubte, eine Folge des Schmerzes über den furchtbaren 
Verluſt, den ſie erlitten hatte, ſondern ſie glaubte in dieſem 
Augenblick die ganze Hölle mit ihren Geiſtern und Ge 
walten öffne ſich über ſie. 
Seitdem waren nun über zwanzig Jahre der Ruhe 
dahingegangen, in denen die damals unglückliche Witwe 
allmählich ihre alte Feſtigkeit und Entſchiedenheit wieder 
gewann, und in denen ſie die allbekannte und weithin 
einflußreiche ‚Kloſterbas“ wurde. 
„Kloſterbas“ hatte ſie anfänglich nur ein Schweſterkind 
ihrer verſtorbenen Schwiegermutter, das ſie an Kindesſtatt 
annahm, genannt, zuletzt aber nannte ſie alle Welt ſo. 
Das junge Mädchen, das ſie aufgenommen hatte, hatte 
mit ihren munteren Launen wieder einiges Leben ins Haus 
gebracht, aber nur für kurze Zeit. Dann hatte dieſelbe den 
Oberförſter Seebold geheiratet. 
Später war dann der Sohn dieſes Adoptivkindes, der 
uns bekannte Forſteleve Otto Seebold, in den Kloſterhof 
gekommen und war der Kloſterbaſe Herzblättchen geworden. 
Ans Heiraten hatte die junge Frau nicht wieder ge 
dacht, obwohl ihr zahlreiche Anträge gemacht wurden. 
Denn ſie war noch immer eine ſchöne Frau und ein Teſta 
ment ihres Mannes, das derſelbe kurz nach dem ſchnellen 
Tode ſeiner Kinder verfaßt hatte, machte ſie zur unum 
ſchränkten Herrin des Kloſterhofes. 
Sie lebte nur der ſtillen Trauer um ihre geliebten 
Toten. 
UÜber den Mörder des Kloſterbauers war trotz aller 
Unterſuchung nichts herausgekommen. Nur blieb ein all
	        
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