Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

Sein ſchadenfrohes, hinterliſtiges Weſen war mehr und 
mehr hervorgetreten, und Prozeſſe konnte er jetzt führen 
nach Herzensluſt. Doch ſollten die Prozeſſe der Grund 
zu ſeinem Tode ſein. Sonſt wäre er vielleicht noch jahre 
lang mit ſeiner weißen Zipfelmütze im Hofe herum 
gezappelt. Aber ein verlorener Prozeß ärgerte ihn in dem 
Grade, daß er ſich zu Bette legte und nicht wieder auf 
ſtand. 
Als ihn der Tod ſchon im Genick hatte, zappelte er 
noch tagelang. Fünf Tage lang lag er zwiſchen Leben 
und Sterben. 
Die Leute im Hauſe grauſte es. Es hieß: „Er hat 
einen Meineid auf dem Gewiſſen und kann darum nicht 
ſterben.“ 
Wirklich mußte ihn ein Geheimnis drücken. Er ließ 
öfters ſeinen Sohn kommen, um ihm etwas mitzuteilen. 
Aber wenn derſelbe kam, ſprach er doch nicht. Und ſo 
iſt er zuletzt geſtorben, ohne geſprochen zu haben. 
Noch in demſelben Winter kam der Scharlach in die 
Gegend und forderte unter den Kindern manches Opfer. 
Auch die Kinder auf dem Kloſterhof wurden von der 
Krankheit befallen und ſtarben raſch hintereinander. 
Die jungen Hofleute erlagen faſt unter der Laſt ihres 
Leides. Über die Frau kam eine Art Schwermut, zu der 
allerdings noch andere Ereigniſſe beitrugen. 
Der alte zappelnde Kloſterbauer lag kaum im Grabe, 
da hieß es: ‚er ginge um'. 
Manchmal kam eine Magd mit halbgefülltem Melk 
eimer aus dem Kuhſtall gerannt, blaß und an allen 
Gliedern zitternd und behauptete: „Der Kloſterbauer hätte, 
wie er zu tun pflegte, mit ſeiner langen Naſe und ſeiner 
weißen Zipfelmütze zur Kuhſtalltüre hereingeſehen. Zehn 
Pferde brächten ſie nicht wieder in den Stall.“
	        
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