Full text: Der Hexenmüller in der Wisper

Die Kloſterbäuerin hatte in dieſem Augenblick eine 
treue, brave Tochter gewonnen, die ihr viel Glück und 
Freude in das Haus brachte. 
Aus Kleinröschen entwickelte ſich auf dem Kloſterhofe 
eine prächtige Roſe. Sie war das ſchönſte Mädchen weit 
und breit, aber auch das ſinnigſte und flinkſte. Die Hof 
bäuerin ſah in ihr ein Stück ihrer eigenen Jugend 
wieder. 
„Ich war meiner Tage,“ ſagte ſie oft, „flink genug 
zur Arbeit, und alles, was ich tat, hatte einen rechten 
Schick, aber die Roſe iſt noch hundertmal flinker wie ich, 
und unter ihren Händen ſcheint alles zu wachſen und zu 
blühen. Es wäre ewig ſchade, wenn die nicht ſpäter 
einmal einen großen Hof zu verwalten bekäme oder ſonſt 
ein großes Weſen.“ 
„Dazu könnte ja Rat werden, Mutter,“ ſagte eines 
Tages, als ſie das oft Ausgeſprochene wiederholte, ihr 
Sohn Gottfried, der längſt die Realſchule und das land 
wirtſchaftliche Inſtitut abſolviert hatte, und nun ſelbſt 
tüchtig in die Landwirtſchaft eingriff. 
„Wie ſo?“ fragte die Mutter und ſah, ihre Brille 
abnehmend, von ihrer Näharbeit auf. 
Gottfried wurde feuerrot, und Röschen huſchte wie 
der Wind zur Türe hinaus. 
„Ah! Steht es ſo?“ ſagte die Hoffrau, alles begreifend. 
Daran habe ich wirklich nicht gedacht. Du Schelm möchteſt 
ſelbſt ſie zur Hausfrau machen, damit ihr Talent nicht ver 
loren geht. Nun verdenken tue ich es dir nicht. Aber da 
iſt doch mancher Haken dabei.“ 
„Mutter, es handelt ſich um mein Lebensglück,“ ſagte 
Gottfried, Tränen in den treuen Augen. 
„Das kommt mir alles zu ſchnell,“ ſagte ernſt die
	        
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