Full text: Kinderlust

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und ganz nackt daſtand. Und weil es nun kälter wurde, 
fror das Bäumchen gar ſehr, und es lief wieder nach dem 
Walde und wollte ſich unter die andern Bäume verſtecken, 
damit der kalte Wind ihm nichts mehr thun könnte. Es 
fragte den erſten Baum: „Haſt du kein Plätzchen für mich?“ 
Aber der ſagte: nein! Da fragte es den zweiten, und 
der ſagte auch: nein! und alle andern Bäume ſagten: 
nein! Niemand wollte ihm ein Plätzchen geben. Gar 
traurig ging das Bäumchen weiter, denn es fror ſo ſehr, 
und es hatte keine Kleider an und konnte ſich nirgend 
wärmen. 
Da kommt ein Mann in den Wald mit einem Beile 
in der Hand. Der reibt ſich die Hände und thut, als 
ob er auch kalt iſt. Da iſt gewiß ein Holzhauer, denkt 
das Bäumchen, und es ſpricht: „Lieber Mann, du biſt 
kalt, und ich bin auch kalt. Weißt du was? Hau' mich 
um und bringe mich in deine Stube, dann will ich es 
dir warm machen und kann mich auch ſelbſt an deinem 
Feuer wärmen.“ — „Das iſt mir recht,“ ſagte der Holz— 
hauer und hieb das Bäumchen zu kleinen Stücken und 
brachte das Holz nach Hauſe und legte von Zeit zu Zeit 
ein Stück davon in den Ofen. Da hat das Bäumchen 
nimmermehr gefroren, aber es hat den Frühling und 
Sommer nie wieder geſehen. 
34. Die tanzenden Blumen. 
Auf einer Wieſe ſtanden viele, viele Blumen, rothe 
und weiße, gelbe und blaue, eine noch ſchöner als die 
andere. Die wollten ſich auch einmal eine Freude machen 
und ſagten zu einander: „Heut' Abend wollen wir ein⸗ 
mal luſtig tanzen.“ „Das iſt recht,“ ſagte das muntere 
Bächlein, welches durch die Wieſe floß; „ich bin auch noch 
jung und klein, und wenn ihr langſam tanzt, Schritt für 
Schritt, dann kann ich auch noch mithüpfen; und wenn 
ihr durſtig werdet, gebe ich euch zu trinken.“ 
Die Vögel auf den Bäumen hatten das gehört und 
riefen: „Wenn ihr tanzen wollt, dann machen wir duch
	        
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