Full text: Kinderlust

dicken Stock herbei und ſchlug den Fuchs an's rechte Ohr 
und ſagte: „Das iſt für dich!“ Und dann ſchlug er ihn 
an's linke Ohr und ſagte: „Das iſt für deinen Vater! 
Und das für deine Mutter! Und das für deinen Groß 
vater! Und das für deine Großmutter!“ Und er ſchlug 
ſo lange, bis der Fuchs todt war. 
20. Der Rabe und der Fuchs. 
Die Raben ſind böſe, garſtige, ſchwarze Vögel, welche 
ſtehlen und beißen und nicht ſingen, ſondern nur rab, rab 
ſchreien. 
Ein ſolcher Rabe hatte geſehen, daß eine Bauersfrau 
kleine Käſe an ihr Fenſter geſtellt hatte, um ſie da zu 
trocknen. Kaum war ſie weg, ſo war auch der Rabe 
ſchon da, packte einen Käſe, ohne zu fragen, wieviel er 
koſte und hen damit auf einen hohen Baum, wo ihn Nie— 
mand erreichen konnte. Hier wollte der Spitzbube den 
Käſe ganz gemüthlich verzehren. Der Fuchs hatte das mit 
angeſehen, und da er Hunger hatte, ſo hätte er gern den 
ſchönen Käſe gehabt, den der Rabe noch im Schnabel 
hielt. Da dachte der Fuchs: „Wie fange ich es an, daß 
der dumme Vogel da oben ſeinen Käſe fallen läßt? 4˙ — 
Er brauchte aber nicht lange zu überlegen, denn der Fuchs 
iſt ein liſtiges Thier, und er wußte bald Rath. Geſchwind 
lief er unter den Baum und ſah immer in die Höhe und 
that, als ob er an dem Raben ſo große Freude hätte. 
Dann machte er ſchöne Komplimente, als wenn der Rabe 
ein vornehmer Herr wäre. Zuletzt rief er ganz laut: 
„Ach, was iſt das für ein ſchöner Vogel! Den habe ich 
noch nie geſehen, der muß wohl fremd herkommen. Wenn 
er ſo ſchön ſingen kann, wie er ausſieht, dann ſoll er hier 
in dieſem Walde König werden. Ach, wenn ich ihn doch 
einmal ſingen hörte!“ — Der Rabe hatte ſeine Freude 
an den Komplimenten und dachte bei ſich: „Ob ich denn 
über Nacht ſo ſchön geworden bin, daß 5 mich der Fuchs 
gar nicht mehr kennt? Ich will ihm mal ein Stückchen 
vorſingen, und damit er mich gar nicht wieder kennt, will
	        
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