Full text: Kinderlust

98 
ich die Nacht hindurch liegen bleiben müſſen, und das wäre 
für mein Bein ſehr ſchlimm geweſen.“ 
13. Spitz und Pudel. 
„Hör', Spitzchen,“ ſpricht Pudelchen, „es iſt ſchon 
recht dunkel, und der Herr kann uns nicht ſehen.“ Spitz— 
chen antwortete: „Wie ſoll er uns ſehen können, wenn 
es ſo ſehr dunkel iſt?“ „Nun gut,“ ſagte Pudelchen, „da 
können wir uns einmal recht luſtig machen. Ich weiß 
ein Loch in der Mauer, wo wir durchkriechen können. 
Dann wollen wir durch die Straßen und Gärten laufen, 
und wenn du willſt, laufen wir bis auf das nächſte Dorf, 
welches nicht weit iſt, — und bellen wollen wir, daß man 
es eine Stunde weit hören ſoll. Alle Leute ſollen wach 
werden und denken, es ſeien Diebe da.“ 
Spitzchen antwortete dem Pudel nicht, ſondern geht 
hin und legt ſich in ſeine Hütte. 
Der Pudel geht dem Spitz nach, ſtellt ſich vor die 
Hütte und ſpricht: „Du antworteſt mir nicht, — Du willſt 
wohl nicht mitgehen?“ — 
„Du biſt böſe,“ antwortete Spitz, „und mit den 
Böſen mag ich nichts zu thun haben.“ 
AVIch böſe?“ ſagte der Pudel, „ich will mir ja nur 
eine Luſt machen.“ 
„Das iſt eine ſchlechte Luſt, wenn du die Leute 
aus dem Schlafe aufſchrecken willſt,“ antwortete Spitz. 
„Nimm dich nur in Acht, daß ſie dir nicht das Fell aus⸗ 
klopfen!“ — 
Pudel brummte ein wenig, aber er legte ſich doch 
in ſeine Hütte, und lief nicht umher. 
„Wir könnten uns jeder eine Wurſt holen,“ ſagte 
am folgenden Tage Pudel zu Spitz. 
„Liegt denn die Straße voller Würſte?“ fragte Spitz. 
„Ach nein!“ antwortete Pudel, „aber in Schlächters 
Hauſe auf dem Tiſche im Vorhaus liegen ſie. Wir paſſen 
die Zeit ab, wo der Schlächter nicht da iſt, da mache ich 
die Hausthür auf — denn das habe ich gut gelernt —,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.