die Liebe den Berggeiſt, der hier täglich der Wiederkehr der
jungen Mädchen mit Ungeduld entgegenharrte. Lange mußte
er warten. Endlich in der Mittagsſtunde eines ſchwülen
Sommertages kam die Prinzeſſin wieder mit ihrem Gefolge
zu den Waſſerfällen. Ihre Verwunderung ging über alles,
da ſie den Ort ganz verändert fand; die rohen Felſen waren
mit Marmor und Alabaſter bekleidet, das Waſſer ſtürzte nicht
mehr in einem wilden Strom von der ſteilen Bergwand,
ſondern rauſchte mit ſanftem Gemurmel in ein weites Mar
morbecken herunter, aus deſſen Mitte ein raſcher Waſſerſtrahl
emporſtrebte und, in einen dichten Platzregen verwandelt, in
den Waſſerbehälter zurückplätſcherte. Maßlieben, Zeitloſen
und Vergißmeinnicht blühten an deſſen Rande, Roſenhecken,
mit wildem Jasmin und Silberblüten vermengt, zogen ſich
in einiger Entfernung umher. Rechts und links vom Waſſer⸗
fall öffnete ſich der doppelte Eingang einer prächtigen Grotte,
deren Wände mit farbigen Erzſtufen, Bergkryſtall und Frauen
glas, alles funkelnd und flimmernd, prangten, daß der
Abglanz davon das Auge blendete. In verſchiedenen Niſchen
waren die niedlichſten Erfriſchungen aufgetiſcht, deren An⸗
blick zum Genuß einlud.
Die Prinzeſſin ſtand lange in ſtummer Verwunderung
da, wußte nicht, ob ſie ihren Augen trauen, dieſen bezauberten
Ort betreten oder fliehen ſollte. Aber ſie konnte der Begierde
nicht widerſtehen, alles zu beſchauen und von den herrlichen
Früchten zu koſten, die für ſie aufgetragen zu ſein ſchienen.
Nachdem ſie mit ihrem Gefolge alles fleißig durchgemuſtert
hatte, lüſtete ihr, in dem Baſſin zu baden. Sie befahl ihren
Gefährtinnen, Wache zu halten und umherzuſchauen, damit
ſie kein im Gebüſch verborgener Lauſcher ſehen könne. Doch
kaum war ſie in das Marmorbecken hinabgeſchlüpft, ſo ſank
ſie in eine endloſe Tiefe. Schneller als die herzueilenden
Jungfrauen das goldgelbe Haar der Gebieterin erfaſſen konn⸗
ten, hatte die Flut ſie ſchon verſchlungen. Laut klagten die
erſchrockenen Jungfrauen, als ihr Fräulein vor ihren Augen
dahinſchwand; ſie rangen und wanden die ſchneeweißen Hände
und liefen ängſtlich am marmornen Geſtade hin und wieder,
indes das Springwaſſer recht gefliſſentlich ſie mit einem
Platzregen nach dem andern übergoß. Doch wagte es keine,
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