Full text: Volksmärchen der Deutschen

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ſcheuchte das Wild vor ſich her und ſtürzte es von den ſteilen 
Felſenklippen hinab ins tiefe Thal. Dieſer Jagden müde, 
zog er wieder in die Unterwelt und weilte da Jahrhunderte, 
bis ihn von neuem die Luſt anwandelte, des Anblicks der 
äußern Schöpfung zu genießen. Wie nahms ihn wunder, als er 
einſt bei ſeiner Rückkehr, von dem Gipfel des Rieſengebirges 
umherſchauend, die Gegend ganz verändert fand! Die düſtern 
Wälder waren in fruchtbares Ackerfeld verwandelt, wo reiche 
Ernten reiften. Zwiſchen den blühenden Obſtbäumen ragten 
die Strohdächer geſelliger Dörfer hervor, aus deren Schlot 
friedlicher Hausrauch in die Luft wirbelte; hier und da ſtand 
eine einſame Warte auf dem Abhang eines Berges zu Schutz 
und Schirm des Landes; in den blumenreichen Auen weideten 
Herden und aus den lichten Hainen tönten melodiſche Schal⸗ 
meien. 
Die Neuheit der Sache ergötzte Rübezahl ſo ſehr, daß 
er über die eigenmächtigen Pflanzer nicht unwillig ward, 
noch in ihrem Thun und Weſen ſie zu ſtören begehrte, ſon⸗ 
dern ſie ruhig im Beſitz ihres angemaßten Eigentums ließ. 
Sogar war er Sinnes, mit den Menſchen Bekanntſchaft zu 
machen, ihre Art und Natur zu erforſchen und mit ihnen 
Umgang zu pflegen. Er nahm die Geſtalt eines rüſtigen 
Ackerknechtes an und vermietete ſich bei dem erſten beſten 
Landwirt. Alles, was er unternahm, gedieh wohl unter 
ſeiner Hand, und Rips, der Ackerknecht, war für den beſten 
Arbeiter im Dorfe bekannt. Aber ſein Brotherr war ein 
Praſſer, der den Erwerb des treuen Knechts verſchwendete 
und ihm ſeine Mühe und Arbeit wenig dank wußte; darum 
ſchied er von ihm und kam zu deſſen Nachbar, der ihm ſeine 
Schafherde untergab; er wartete dieſer fleißig, trieb ſie in 
Einöden und auf ſteile Berge, wo geſunde Kräuter wuchſen. 
Die Herde gedieh gleichfalls unter ſeiner Hand, kein Schaf 
ſtürzte vom Felſen herab, und keins zerriß der Wolf. Aber 
ſein Brotherr war ein Filz, der ſeinen treuen Knecht nicht 
lohnte, wie er ſollte. Darum entlief er dem Geizhals und 
diente dem Richter als Herrenknecht, ward die Geißel der 
Diebe und fröhnte der Juſtiz mit ſtrengem Eifer. Aber der 
Richter war ein ungerechter Mann, richtete nach Gunſt und 
ſpottete der Geſetze. Weil Rips nun nicht das Werkzeug
	        
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