Full text: Des Herzens Heimat

ſie nicht annehmen. Sie hat dem Bruder der Frau von 
Heiligenſtein vor ein paar Jahren einen Korb gegeben und 
möchte ihm nun nicht regelmäßig begegnen.“ — 
„Und hat dieſe abweiſende Haltung unſerer jungen 
Freundin nicht einen tiefern Grund?“ wagte van Smitten 
zu fragen. „Verzeihen Sie, wenn es indiskret erſcheint, 
aber ich intereſſiere mich ſo warm für Fräulein Jutta, ſie 
giebt mir ſo viel Beweiſe großen Vertrauens ...“ 
„O, ſie hält unendlich viel von Ihnen!“ erwiderte 
die Tante eifrig. „Sie hat ſich ſeit dem Tode meines 
armen Bruders noch über nichts gefreut, als über Ihre 
Rückkehr. — Und warum ſollten Sie nicht wiſſen, ebenſo 
gut, wie ich es durch Leonie Guttendorf weiß, daß 
Juttas Herz einmal geſprochen und ſich darauf getäuſcht 
geſehen hat!“ 
„Wie war das möglich?“ rief Herr van Smitten. 
„Dergleichen geſchieht doch alle Tage!“ entgegnete das 
alte Fräulein mit wehmütigem Lächeln. 
„Es war eine Ballbekanntſchaft, allem Anſchein nach 
eine bedeutende und feſſelnde Perſönlichkeit, die unſerm 
lieben Kinde einen ſo bleibenden Eindruck gemacht hat. Er 
mußte gegenſeitig geweſen ſein. Die Naheſtehenden, Mutter 
und Schweſter beſonders, denen die feine Auszeichnung, 
das innige, wenn auch diskret gehaltene Werben nicht 
hatte entgehen können, erwarteten eine beſtimmte Erklärung, 
eine Verlobung!“ — 
„Und ſie erfolgte nicht?“ 
„Gerade vor einem Ballfeſt, das er ſelbſt gegen das 
vielumworbene Mädchen als einen Tag des Wiederſehens,
	        
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