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dient hatte, ſprach ſich Jutta über dieſe Lage gegen ihn
aus. So wie jetzt, konnte ſie nicht in Brunnweiler fort⸗
leben. Die Einnahme ihres Vaters hatte aufgehört, es
war ein kleines Vermögen für Jutta vorhanden, von deſſen
Zinsertrag ſie bei ſparſamer Einrichtung meinte leben zu
können. Aber wie? Die Tante Tine konnte nicht bei ihr
bleiben, auch wäre ein müßiges Zuſammenleben mit der
alten Dame nicht nach ihrem Sinn geweſen.
Sie bedurfte eines Wirkungskreiſes, wie ihn der Haus⸗
halt des Vaters bei aller Einfachheit doch geboten hatte
und wäre mit ihrem Schwager Guttendorf einverſtanden
geweſen, das Fräulein, die fremde Stütze im Haushalt
ihrer Schweſter zu erſetzen, wenn ſie in der großen Stadt
hätte leben mögen. Aber ſchon der Gedanke daran er—
ſchreckte und entmutigte ſie. Wie anders war es hier in
Brunnweiler, wie viel leichter und ſchöner zu leben, um⸗
geben von dem immer neuen Reichtum der Natur! — Jutta
hatte es erſt jetzt wieder an ſich erfahren, wie tröſtend und
heilend ihr Zauber wirkte.
Wenn die Trauer um den Vater, um alles, was ſie
ſchon verloren, ſie überwältigend erfaßte, wenn ſie, peinlich
berührt vom neugierigen Anſchauen gleichgiltiger Menſchen,
die früheſte Stunde und die einſamſten Orte für ihren
Spaziergang wählte, dann gab die friſche, balſamiſche Luft,
die von den Bergen wehte, ihr ein Gefühl der Befreiung
und neuer Kraft. Die Blumen und Gräſer ſchienen ſie
lächelnd zu begrüßen, das Waldesgrün wollte ſie zutraulich
beſchützen und über allem ſtand das Himmelszelt mit ſeiner
wunderſamen Beredſamkeit von der göttlichen Liebe und
Fürſorge! —