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gar von der Gewohnheit, ſich von ihm Geld aus der
Kaſſe holen zu laſſen, abwich und ihre Quittung ſelbſt ab⸗
gegeben hatte.
Dieſe Neuerung erfüllte ihn mit Schrecken und Wut.
Sein böſes Gewiſſen ließ ihn fürchten, ſie möge Verdacht
hegen, daß er auf ihren Namen Zahlungen erhoben, zugleich
ſah er die Quelle, wo er ſich Mittel für ſeine heimlichen
Ausgaben verſchafft hatte, verſiegen.
Er argwohnte, daß ſie ſich auch für ſonſtige Be⸗
ſorgungen anderer Boten bediene, und richtig gelang es ihm
endlich zu beobachten, wie ſie einem Knaben, dem Sohn des
Pförtners, der häufig zu Kommiſſionen verwendet wurde,
ein Brieſchen übergab, mit dem derſelbe den Weg nach
Schattenthal einſchlug.
Dem Boten einen Vorſprung abgewinnen, war fur
den ſchlauen Neffen eine Kleinigkeit. Er kam, anſcheinend
unbefangen, hinter dem Knaben her, und dreiſt behauptend,
daß Frau van Smitten ihm geſagt, er ſelbſt könne jetzt die
Botſchaft ausrichten, die ſie aufgetragen, erlangte er ohne
Schwierigkeit die Herausgabe des Briefes. Es war ein
dreieckig gefaltetes Billet, wie Jutta ſie für unbedeutende
Mitteilungen zu geben pflegte, ohne weiteren Verſchluß, als
das zierliche Ineinanderſchieben, das ungeübte Hände wohl
nicht zu öffnen wagten.
Franz jedoch ſchreckte vor dieſer Aufgabe nicht im
mindeſten zurück, er öffnete und las:
„Alles geht vortrefflich! Mein Mann fährt nach
Xheim, kommen Sie um 4 Uhr mit Ihrem Wagen, mich
zum Bahnhof abzuholen.“
Franz triumphierte. Jetzt war der Augenblick ge⸗