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ſie: „Verzeihen Sie, ſchönſte Frau, die unwillkommene Stö⸗
rung; aber ich hatte unbezwingliche Sehnſucht nach Ihnen!“
„Das gefällt mir beſſer, als der Scherz, mit dem Sie
ſich einführten, liebe Frau Pfarrer!“ erwiederte Jutta, in⸗
dem ſie ihrem Gaſt Schirm und Shawl abnahm.
„Aber Ihnen gefiel mein Scherz jedenfalls, Herr Herbert?
ſeien Sie aufrichtig!“ fuhr Nina in demſelben neckenden,
aufgeregten Tone fort, indem ſie ſich zu Charles wandte.
„Sie verzeihen, gnädige Frau, wenn ich ſage, daß er nicht
zutreffend war,“ erwiderte dieſer mit kalter Höflichkeit. „Ich
bemerkte eben, daß ich Frau van Smitten unverantwortlich
ennuyiert hatte; ſie klagte über Kopfweh und ich habe eine
Viertelſtunde hintereinander über ein Buch geſprochen. Zur
Strafe für mein Ungeſchick will ich mich gleich empfehlen!“
„Auf baldiges Wiederſehen!“ ſagte Jutta mit freund⸗
lichem Neigen des Kopfes ſeinen Abſchiedsgruß erwidernd
und wendete ſich dann Nina zu, nicht ohne inneres Miß⸗
behagen über deren Benehmen.
„Da geht er nun, der intereſſante Freund, und an
ſeiner Statt bleibt ein Beſuch, den Sie ins Pfefferland
wünſchen!“ rief ſie mit unharmoniſchem Lachen.
„Bitte, reden Sie doch nicht ſo ſeltſam!“ erwiderte
Jutta ernſt, ja unmutig. „Ich weiß wohl, daß dieſer Ton
Ihnen geläufig iſt und Sie nicht viel dabei denken; — für
mich paßt er gar nicht!“ —
„Ach ſo!“ rief Frau Winter jetzt mit plötzlich aus⸗
brechender Heftigkeit. „Für Sie muß man ſich einen be⸗
ſondern Ton anſchaffen! Sie ſind erhaben über unſern
gewöhnlichen Standpunkt! Aber, ſeien Sie nur nicht zu
ſtolz! — Auch an Sie wird die Reihe kommen, den Tribut