Full text: Des Herzens Heimat

So hatte ſich gleich vom erſten Tage an ein warmer, 
lebhafter Freundſchaftsverkehr entſponnen zwiſchen Marſtein 
und Schattenthal, und wie Daniel van Smitten denſelben 
ebenſo an ſich, wie aus Geſchäftsrückſichten mit lebhafter 
Freude beförderte, ſo gaben ſich Jutta und Herbert dem— 
ſelben mit argloſer Zufriedenheit und fröhlichem Eifer hin. 
Hatten ſie recht? — War der Weg, den ſie mit ſo 
unbefangener Sicherheit beſchritten, wirklich ein ſo gefahr⸗ 
loſer, waren unter den Blumen, die ſo reich, ſo duftend 
und lieblich an demſelben blühten, keine Giftpflanzen, deren 
Hauch betäubend wirken, Herz und Sinn beſtricken konnte? 
Jutta hatte, ſeit ſie ihren Gatten kannte, ihm nie 
etwas verſchwiegen! — Offen von Natur und immer wohl⸗ 
thuend berührt von dem günſtigen Vorurteil, der warmen 
Sympathie, mit der er alles auffaßte, was ſie that und 
ſagte, war es ihr angenehme Gewohnheit geworden, ihm 
von ihren Gedanken und Entſchlüſſen vorzuplaudern, ihre 
Eindrücke und Urteile, wenn ſie Gegenden und Menſchen 
mit ihm zuſammen kennen lernte, mit den ſeinigen aus⸗ 
zutauſchen. Je mehr ſie ſich dabei verſtanden hatten, deſto 
inniger war der Seelenbund geworden, ohne den die Ehe 
ein ſehr armſeliges Verhältnis, oder gar ein ſehr gefähr⸗ 
liches Experiment iſt! 
Denn der größere, irdiſche Kitt, die materielle Ge⸗ 
meinſchaft des Lebens und Veſitzens in der Ehe, bindet 
wohl feſt, aber nur durch ein wenig edles Band, durch 
die Selbſtſucht, die einen Beſtandteil jeder irdiſchen Liebe 
ausmacht, während der edlere, himmliſche Gehalt derſelben 
ſich offenbart in dem beglückendem Verſtändnis, das die 
Seelen der Gatten vereinigt.
	        
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