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Was lag Jutta noch an dem Leben und Treiben der
Reſidenz, an den Bällen und Geſellſchaften, wo ſie in
heiterer Jugendſchöne geglänzt, ſeit der wortlos und auf
Nimmerwiederſehn hinweggegangen, der ihr durch ſeine
Huldigung jene bunte Welt in ein Paradies verwandelt
hatte? —
Die feinſinnige und welterfahrene Mutter hatte das
ſchöne Kind zeitig gewarnt vor den Schlangen, die in
keinem Paradies der Erde fehlen, und ſo war die Ent⸗
täuſchung, die ſie als kluge Frau für möglich gehalten,
als ſie wirklich eintrat, wenigſtens keine offenkundige ge⸗
weſen und in der Geſellſchaft kaum geahnt worden. Deſto
tiefer empfand ſie das kräftige, durch allgemeine Aus⸗
zeichnung zu heiterem Stolz erwachte Mädchenherz! Die
Pein, da geringſchätzen zu müſſen, wo ſie mit dem erſten
Enthuſiasmus verehrt und zu lieben geglaubt hatte, nahm
allen ihren Erfolgen in der Geſellſchaft den Wert, ſie ver⸗
achtete alle, da der eine, auf den ſie eine Welt des Ver⸗
trauens gebaut hätte, ſie getäuſcht. Das unerwartete Er⸗
kranken und Sterben der Mutter hatte dann ſo erſchüt⸗
ö ternde, tiefberechtigte Trauer über Jutta gebracht, daß ihr
ö erſtes Liebesleid darin unterging, wie etwa eine Kerze er⸗
liſcht, wenn ein Gewitterſturm die Grundveſten des Hauſes
ö wanken macht. — Als ſie ſich, wieder zurechtfand im
1 Leben des gewohnten Kreiſes, das äußerlich wenig ver⸗
ändert erſchien, da glaubte ſie, um zehn Jahre älter ge⸗
worden und mit Zweiundzwanzig der Jugend bereits
entrückt zu ſein.
Vergebens beſchworen ſie nach Ablauf des Trauer⸗
jahres ihre Freundinnen, wieder teil zu nehmen an den