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daraus gereicht hatte. Dem war auch ſo. Der immer
dringender wiederholte Ruf ihres Sohnes um einen Trunk
zerriß ihr vollends das Herz, welches ſchon durch den lei—
denden Zuſtand ihrer Stephanie lebhaft ergriffen worden
war. Mit der raſchen Entſchloſſenheit, wie ſie die Ver-⸗
zweiflung eingiebt, nahm Tabea jetzt ihre widerſtrebende
Tochter auf ihre Arme und rannte, ihre letzten Kräfte
zuſammenraffend, der vorhin bezeichneten Anhöhe zu. Wäh—
rend deſſen erneute der kleine Beliſar ohne Aufhören ſeinen
Wunſch und Stephanie die Klage über das zunehmende
Kopfweh. Bis in den Tod erſchöpft ſchritt Tabea endlich
den Hügel hinauf, um dieſelbe troſtloſe Ausſicht, wie bisher,
zu haben. Entmuthigt ließ ſie ihre Tochter zur Erde gleiten.
Obgleich ſelbſt todtmatt, blieb ſie doch aufrecht ſtehen, um
durch ihre Koͤrperlänge ihre Stephanie vor der ſchmelzenden
Sonnenhitze zu ſchützen. Ach, die Sonne ſtand ſo ſenkrecht
über Tabea's Scheitel, daß der Schatten ihrer ganzen Ge—
ſtalt nur wenige Spannen Länge hatte. Sie gedachte der
Hagar in der Wüſte und wollte es ſchon, um das Weh—
klagen des durſtenden Kleinen nicht mehr zu hören, wie
jene machen, ihn hinſetzen und davon gehen. Allein ihr
ſchauderte ſchon vor dem Gedanken einer ſolchen That.
„Nein, —“ ſprach ſie zu ſich ſelbſt — „lieber öffne ich
mir die Ader und laſſe mein Kind an meinem Blute ſich
tränken, als daß ich es hülflos preisgebe.) — Ach, wenn
doch auch ihr ein Engel vom Himmel zugerufen und ſie
eine rieſelnde Quelle hätte entdecken laſſen! Brünſtig betete
ſie um dieſe Wohlthat in ihrem bangen Innern. Schon
löſte ſie das Tuch, welches den kleinen Beliſar auf ihrem
Rücken feſthielt, ab; — ſchon langte ihre Hand entſchloſſen
nach dem Meſſer — nicht, wie einſt Abraham, den eignen
Sohn Gott zum Opfer darzubringen, ſondern ſich ſelbſt