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darüber, wie er doch ſonſt zu thun pflegt, wenn Rudolf ſchreibt.
Natürlich war ich nun ſehr neugierig — —
Friedrich (einfallend).
Ja, das kann ich mir denken.
Sophie.
So unterbrich ihn doch nicht fortwährend, ich ſtehe wie auf
Kohlen.
Adolf.
Endlich faſſe ich mir ein Herz und ſage: „Was ſchreibt
denn der Rudolf, lieber Papa?“ Da macht der Vater ein
ernſthaftes Geſicht und antwortet: „Es ſchickt ſich nicht, mein
Kind, nach dem Inhalt eines Briefes zu fragen, wenn er Einem
nicht freiwillig mitgetheilt wird.“
Friedrich.
Aha, Freund Naſeweis, die Lehre war Dir geſund.
Sophie.
Aber mein Himmel, ſo laß ihn doch ausreden.
Adolf.
Vater ſteckt darauf den Brief in die Rocktaſche und raucht
ſeine Cigarre, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Dann zieht
er den Frack an, um zu Onkels Abendgeſellſchaft zu gehen, hängt
den Rock in den Kleiderſchrank und läßt mich allein in der
Stube bei der offenen Schrankthür, wo ich immerfort die Taſche
anſehen muß, woraus der Brief hervorſieht und mir winkt, daß
ich ihn leſen ſoll.
Friedrich.
Du warſt doch nicht etwa ſo naſeweis?
Adolf (verlegen).
Ich that es wirklich nicht mit Willen. Ich wollte mir nur