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tes ſchwere Fügung, daß eine kaiſerliche Kugel in die Pulber—
wagen des Landgrafen einſchlug. Fünf derſelben flogen gleich
in die Luft. Ganze Schaaren des dichtgedrängten Heeres
wurden zerſchmettert. Beſtürzung und Verwirrung fuhr wie
ein Wirbelwind durch die Reihen. Der Feind benutzte die
ſchweren Augenblicke zu einem heftigen Reiterangriffe, und das
ganze Heer ſuchte ſein Heil in der Flucht. Aber es war ſchwe—
res Fliehen. Nur eine einzige Brücke führte im Rücken des
Heeres über den Neckar. Das ganze Heer ſammt ſeinen Für⸗
ſten war in Gefahr, gefangen und vernichtet zu werden. Da
rücken aus dem Knäuel der Verwirrung, in ſchönſter Ordnung
und geſchloſſenen Gliedern, vierhundert Männer heraus. Es
waren vierhundert Bürger von Pforzheim. Die Stadt hatte
ſie ihrem Fürſten zur Leibwache mitgegeben. Der Bürgermei—
ſter, George Deimling, kommandirte ſie ſelbſt. Man nannte
ſie das weiße Regiment. Als ſie aus dem Gewirre heraus
waren, entwickelten ſie ſich und machten Front, die vierhundert
Mann vor dem ganzen kaiſerlichen Heere. Da galt es ein Rin⸗
gen. Die vierhundert Mann ſtritten für ihren Glauben, für
ihren Fürſten, für ihr Vaterland. Der Feind ſtürmte mit al⸗
ler Macht. Aber die ſchmale, eiſerne Wand wollte nicht wei—
chen und nicht brechen. Lücken kamen genug hinein, aber
gleich ſchob man ſich wieder zuſammen, daß immer Mann am
Mann und Chriſt am Chriſten ſtand. Man wollte auch an⸗
ders wie Lücken in die Mauer reißen. Tillh bot dem Häuf—
lein zweimal Gnade und freien Abzug und dem Bürgermei⸗
ſter hohe Ehrenſtellen an. Aber der Bürgermeiſter und die
Bürger dankten dafür. Sie hatten ſich ihrem Gott, ihrem
Landgrafen und ihrem Vaterlande verlobt. Sie wollten einen
unbefleckten Kranz behalten. Einer nach dem Andern fiel.