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worden, war ſo nichtswürdig, daß er geſchworen hatte, ſeine
Ausſtände auf's Strengſte einzutreiben.
Mit harten Worten verlangte er die Zahlung ſeiner Schuld
und ließ Mortier, als er ſie nicht leiſten konnte, ohne Weite⸗
res in das Schuldgefängniß ſetzen.
Als dieſe Nachricht nach Rheims kam, traf ſie die ſchuld⸗
los unglückliche Familie Mortier's wie ein Blitzſtrahl aus hei⸗
term Himmel. Troſtlos weinten Mutter und Kinder. Ade—
line, Mortier's älteſte Tochter, war ein edles, frommes Mäd⸗
chen, das eine ſtarke Seele hatte. Adeline war ſchnell ent—
ſchloſſen, was ſie thun müſſe. Ihren Vater zu befreien, war
ſie bereit, ſelbſt ihr Leben hinzugeben. Zu dem Vorſatze, den
ſie gefaßt, ſtärkte ſie ſich im Gebete.
Wer mit Gott ſein Werk beginnt, der hat ſchon die Ge—
wißheit des Gelingens. Was ſie aber eigentlich thun wollte,
ſagte ſie Niemandem, ſelbſt der Mutter nicht.
Unter dem Vorwande, dem Vater Wäſche und Kleidungs—
ſtücke in das Gefängniß zu bringen, erhielt Adeline von der
Mutter die Erlaubniß nach Paris zu reiſen, wozu ſich gerade
eine herrliche Gelegenheit ergab; denn ein treuer Freund der
Familie reiſte nach Paris, und unter ſeinem Schutze war ſie
ſicher.
Alles, was ſie beſaß von Koſtbarkeiten, Schmuck, Uhr und
ihre Sparbüchſe, nahm ſie mit.
Kaum in Paris angelangt, begab ſie ſich mit ihren Hab⸗
ſeligkeiten zu dem Kaufmann, der ihren Vater hatte in's Ge⸗
fängniß ſetzen laſſen. Sie flehte ihn um Schonung ihres gu⸗
ten Vaters an; ſie ſagte ihm, wie ſchuldlos er litte, da ihn
nur der Fall andrer Häuſer in die Verlegenheit gebracht, nicht
augenblicklich bezahlen zu können.