Full text: Blüthen und Früchte aus dem Garten des Lebens

überfielen und gefangen nahmen. — Es waren nämlich verklei⸗ 
dete Strandwächter geweſen, denen der Verrath die Bootsla— 
dungen und Matroſen in die Hände geliefert hatte. 
Jetzt entſtand ein heftiger Kampf, in welchem jedoch die 
Strandwächter ſiegten. Mehre Matroſen und Strandwachter 
waren gefallen, die Meiſten mehr oder weniger ſchwer verwun⸗ 
det und unter Letztern war auch Tom. 
Geknebelt wurde der Arme in das Innere abgeführt und 
fand in einem Lazareth eine Unterkunft, die trauriger nicht 
gedacht werden konnte. Da lag er denn unter herben Schmer⸗ 
zen, verbunden von einem invaliden Militärchirurgen, der nur 
den dürftigſten Verband anzulegen fähig war und nebenbei als 
Bader und Bartfeger ſein Brod verdiente. Hätte nicht die 
Tochter des Lazarethwärters, ein liebliches ſanftes Weſen von 
zwölf bis vierzehn Jahren, Barmherzigkeit an dem armen Tom 
geübt, er wäre verhungert und verkommen. Dieſes Kind pflegte 
ihn mit großer Sorgfalt und nahm ſelbſt keinen Anſtand, ſeine 
Wunden zu verbinden, wenn der Chirurg durch zu viel genoſ— 
ſenen Wein unfähig war, ſeines Dienſtes zu warten. Ob⸗ 
gleich Tom keine Silbe franzöſiſch verſtand, ſo gelang es doch, 
während ſeines langen Leidens ſich mit ſeiner Pflegerin zu 
verſtändigen. Wenn ihm nun auch der Herr hier gnädiglich eine 
Hülfe geſchaffen hatte, ſo lag doch ſeine Gefangenſchaft wie 
eine Centnerlaſt auf ſeiner Seele. Der Gedanke an ſeine Mut⸗ 
ter und an ihren Kummer machte ihn oft troſtlos. 
Als er ſich mit der kleinen guten Angelique einmal ver⸗ 
ſtändigen gelernt hatte, fragte ſie ihn zutraulich um die Quelle 
ſeines Kummers. Da ging ihm denn das Herz auf und er er⸗ 
zählte ihr die Schickſale ſeiner Aeltern und die Lage ſeiner troſt⸗ 
loſen guten Mutter, und das Kind, dem auch die Mutter geſtorben
	        
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