Full text: Blüthen und Früchte aus dem Garten des Lebens

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Der Unbekannte legte einen 
Tiſch und griff nach dem Bilde. 
„Ach lieber Herr,“ rief die Alte kläglich, „ich kann Euch 
dieſes Geldſtück nicht wechſeln, denn ich habe leider ſeit drei 
Tagen nichts eingenommen.“ 
ſpaniſchen Thaler auf den 
„Laßt es nur gut ſein, Mütterchen,“ verſetzte der Unbe— 
kannte. „Ich bin freilich auch nur ein armer Teufel, der ſich 
auch zur Aufnahme in irgend ein Spital melden kann; aber 
ich bezahle doch wohl mit dem letzten Thaler das Bildniß 
meines Großvaters nicht zu theuer.“ 
Er lief davon, ohne auf einen Dank oder eine Antwort 
zu hören. 
Elſe war anfangs mehr erſchrocken, als erfreut. Sie konnte 
es nicht faſſen, daß der Mann, der nach ſeiner Kleidung und 
ſeiner eigenen Rede ſelbſt nur arm war, ihr für das alte ver⸗ 
loſchene Bild einen Thaler gegeben hatte. — Sie traute ihren 
eigenen Augen nicht, und fürchtete immer, das blanke Silber⸗ 
ö ſtück würde ihr aus den Händen entſchwinden oder mindeſtens 
in eine Kohle ſich verwandeln. Aber wie ſie den Spanier auch 
wandte, er verſchwand und verwandelte ſich nicht. Da ſchwoll 
ihr welkes Herz auf vor lauter Freude, die in inbrünſtige 
Dankgebete überging zu ihren treueſten Freund, dem ſie erſt 
kurz zuvor ihre Noth geklagt, und in heiße Segenswünſche 
für ihren Retter, den er ihr geſandt hatte. Durch dieſe 
kleine Gabe war für jetzt beinahe ihre Noth geendet. Der 
harte Gläubiger ſollte den Thaler auf Abſchlag erhalten; denn 
ſie hoffte, daß er damit ſich wohl einſtweilen begnügen werde. 
Vorhin in ihrer Angſt und Sorge war ihr Auge trocken ge⸗ 
blieben und jetzt — weinte ſie. Das waren aber Freuden— 
thränen; ſie war am Höhepunkte des Dankopfers ihrer Seele. 
IIIIIXX
	        
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