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Da kam ein Mann dahergeſchlendert, der ſtörte ſie in ihren
Betrachtungen und Wünſchen. Er war auch kein Jüngling
mehr, denn ſein Haar ergraute bereits; ſonſt war er aber noch
ziemlich rüſtig und kräftig. Was er war, das Krrieth ſeine
Theerjacke und der breite, ſchwankende Gang, nämlich, daß er
ein Seefahrer war. Er hatte die Arme übereinandergeſchlagen
und ſah, wie es ſchien, befremdet und doch bekannt umher.
Nachdem er nun jeden Stein am Thore, jeden Sitz und
jedes Gebäude lange gemuſtert hatte, fiel ſein Blick endlich auf
die Bretterbude und auf Frau Elſe. Da trat er näher und
ſprach: „Es hat ſich doch Manches in Danzig verändert! In
dieſer kleinen Bude ſaß einſt eine muntere, junge Frau, von
der ich als Schulknabe manchen Bilderbogen gekauft habe. Wo
mag dieſe hingekommen ſein?“
Die Alte lächelte wehmüthig und entgegnete: „Lieber Herr,
das kann doch Niemand anders geweſen ſein, als ich ſelbſt;
ich ſitze hier ſchon über fünfzig Jahre.“
Der Fremde fuhr mit der gebräunten Hand über die Stirn
und rief: „Ja ſo, ich habe vergeſſen, daß auch ich gegen vierzig
Jahre abweſend war. Die Zeit verändert viel; mancher meiner
frühern Schul- und Spielgenoſſen iſt wohl ſchlafen gegangen,
und die da noch leben, werden den armen Matroſen nicht wie⸗
der erkennen, viele werden's auch nicht wollen. — Der Peter
Braun, welcher früher in der Langgaſſe wohnte, iſt nun auch
wohl ſchon lange todt?“
„Selbſt gekannt hab' ich ihn nicht, aber ich habe viel von
ihm erzählen hören. Er ſtarb im Spittel‚“ entgegnete Elſe.
„Im Spittel?!“ wiederholte der Unbekannte erſchüttert.
„Der Mann hat ein hartes Schickſal gehabt,“ fuhr die
Alte fort, „ihm war es auch nicht an der Wiege geſungen,