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ihnen auf die Kornfelder und lebe froh mit Kindern, Enkeln
und ÄArenkeln, während ihr andern Vögel kaum ein paar aus—
heckt!“
„Still!“ ſagte eine Krähe, die dies mit anhörte. „Prahle
doch ja nicht mit einem Gegenſtand, der dir ſo unendlich viel
Kummer und Leid verurſacht! So viel Junge du haſt, ſo viel
Mal haſt du Trauer anzulegen. Kaum haben ſie die erſten
Federn, ſo ſind ſie auch ſchon auf den Tafeln der Menſchen.“
So iſt's im Leben: Kurze Freud', viel Leid! Und doch
halten die Freuden in unſrem Gedächtnis länger nach.
Die Henne und die Schwalbe.
Eine Henne fand durch Zufall Schlangeneier und legte
ſie mit dem größten Entzücken und mit beſonderer Sorgfalt in
die gehörige Ordnung, um ſie auszubrüten. Schon ſtellte
ſie ſich die Freude vor, welche ſie an ihren Küchlein haben
würde, wenn ſie anfingen zu gehn, wenn ſie ihnen das Futter
aufſcharrte und zeigte, wenn ſie auf ihr Rufen herbeieilten
und es picken lernten, und wenn ſie endlich groß, ſtark, ſchön
und folgſam geworden wären. Jedoch ihre Freude währte
nicht lange; eine Schwalbe traf ſie über dieſer Beſchäftigung
an und belehrte ſie eines Beſſeren: „Du Törin,“ ſagte ſie,
„du würdeſt dir eine Brut erziehen, welche dir die Mühe
nur mit dem Tode lohnen würde!“
Erziehſt du dir einen Raben, wird er dir zum Dank die
Augen ausgraben.
Aſops Fabeln.
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