Full text: Richard Löwenherz

Kerkermeiſter. 
Ich glaube kaum. Die Meiſten haben auch nicht 
einmal viel Geld zum Verſchenken, und der Eine, der 
wohl noch etwas hätte, iſt ein ſolcher Wüthrich, der 
hat kein Herz fur Euer Elend. 
Blondel. 
Sollte ein Chriſtenmenſch ſo hartherzig ſein? 
Kerkermeiſter. 
Ja der, den wir hier bewachen, iſt ein wahrer 
Löwe, deshalb heißt er auch Löwenherz. Kämpfen konnte 
er wohl gegen die Heiden, Hunderte von ihnen todt⸗ 
ſchlagen, ohne Athem zu holen; aber einem armen Pilger 
einen Zehrpfennig geben, das thut er nicht. 
Blondel. 
O Herr, laßt es mich verſuchen. Iſt ihm meine 
Muſik zuwider, läßt er mir doch einen Reiſegroſchen 
zukommen, um mich los zu werden. 
Kerkermeiſter. 
Nun, ich will Euch etwas ſagen, beginnt Euer 
Spielen, ſchon um dieſen König zu ärgern. Man 
muß ſich auch einmal ein Vergnügen machen. 
Blondel. 
Ein König, ſagt Ihr? Habe ich recht gehört? 
Kerkermeiſter. 
Seid Ihr denn ganz ohne Verſtand und wißt von 
Nichts, was in der Welt vorgeht? Wißt Ihr denn 
nicht, daß Richard, König von England, hier gefan⸗ 
gen iſt? 
Blondel. 
Was Ihr ſagt? 
Kerkermeiſter. 
Ihr thut ja ganz erſtaunt. Ja, ja, der Richard, 
der Alles, was ihm zu nahe kam, zu Boden ſchlug, 
den man den Löwenherzigen nennt, der ſitzt hier ein⸗ 
gekerkert und bewacht, damit die Welt vor ihm Ruhe habe.
	        
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