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rung gebracht worden, wollen wir uns wieder zu der Kindbet—
terin wenden, und ſehen, wie es ihr ergangen ſei. Sobald
Hirlanda nach der Geburt von der ſchweren Ohnmacht wieder
zu ſich gekommen war, fragte ſie ſogleich nach ihrem lieben
Kinde, und wollte dasjenige ſehen, was ſie geboren hatte. Eine
aber von den beſtochenen Weibern ſagte zu ihr ſeufzend: „Ach,
durchlauchtige Frau, wollet doch nicht begehren eure Frucht mit
Augen zu ſehen, weil dieſelbe alſo geſtaltet iſt, daß ſie euch
mehr Schrecken als Freude verurſachen wuͤrde.“ Die kranke
Mutter wurde zwar hieruͤber ſehr beſtuͤrzt, ſprach jedoch aus
Begierde ihr Kind zu ſehen: „Es liegt nichts daran, wie es
geſtaltet ſei, ich will gleichwohl, daß man mir das Kind zeige.“
Das luͤgenhafte Weib ſprach weiter: „Ach, durchlauchtige Frau!
Ich bitte euch abermals, gebet dieſes Begehren auf, denn ihr
habet kein natuͤrliches Kind, ſondern ein rohes Stuͤck Fleiſch ge⸗
boren, welches weuige Zeichen des Lebens von ſich gegeben hat
und alsbald geſtorben iſt.“ Die arme Herzogin ſeufzte und
ſprach mit bittern Zahren: „Sage mir doch, meine liebe Toch—
ter, ob das arme Kind getauft worden, und wo der todte Kör—
per hingekommen iſt?““ Die Luͤgnerin antwortete: „Wie ſollte
man die Frucht taufen duͤrfen, die keine menſchliche Geſtalt an
ſich hatte. Darum hat man ſie ohne Taufe unter die Erde
begraben.““ Dieſe Worte erſchuͤtterten das Herz der betruͤbten
Hirlanda ſo ſehr, daß ſie abermals in eine tiefe Ohnmacht fiel
und man ihren Tod erwartete. Nachdem ſie jedoch wieder zu
ſich gekommen war, klagte ſie ihr großes Ungluͤck dem lieben
Gott ſo ſchmerzlich, und weinte uͤber ihr armes Kind ſo klaͤglich,
daß auch die feindlichen Herzen zum Mitleiden bewegt und zur
Vergießung von Zähren angetrieben wurden. Dieſes ihr großes
Herzeleid wurde durch ihren falſchen Schwager nicht allein nicht
gemindert, ſondern von Tag zu Tage ſogar vergroͤßert, ſo daß
es ein Wunder zu ſein ſchien, wie die betrubte Hirlanda das