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Adele tief ergriffen aus, „und er kann nicht nach Hauſe
reiſen! O, laſſen Sie uns ſogleich zu Lucien eilen! Bitte,
bitte, Frau von Heranville, kommen Sie mit mir!“
Sie bat, zu der Dame gewandt, ſo eindringlich und rüh⸗
rend, und die großen Thränen ſtanden ſo flehend in ihren
ſchönen Augen, daß Frau von Heranville ihr nicht zu
widerſtehen vermochte. Sie band ihren Mantel wieder
um und ſtieg bald darauf mit Adelen und Herrn Lagnier
die fünfte ſteile und halbverfallene Treppe des Hauſes
hinan, in welchem die Delmonts das ſchlechteſte Stübchen
bewohnten. Adele war die Erſte oben und ließ ſich auf
der letzten Stufe nieder, um ihre Gefährten zu erwarten,
deren Schritt nicht mehr ſo leicht war als der ihrige.
So daſitzend, hörte ſie aus dem Gemache, zu welchem die
Treppe führte, eine laute, ſcheltende Stimme erſchallen,
und gleich darauf Töne, als wenn ein junges Mädchen
weinte; dann einige abgebrochene Worte, die aus einem
von Gram zerriſſenen Herzen zu kommen ſchienen. „Mutter,
liebſte Mutter, quält mich nicht ſo! Ich bin krank, ſo
elend, ich wollte, ich wäre nur erſt todt!““ — — „Krank!
elend!“ rief die ältere Stimme voll Zorn. „Und wenn
Du es biſt, wer iſt denn Schuld daran? Doch ich nicht?
Klage Dich ſelbſt an, wenn Du klagen willſt, und ihn,
Deinen lieben Andreas. Wie ſoll's nun werden, da Du
nichts mehr zu geben haſt? Du kannſt nun auch nichts
mehr verkaufen, damit er das Geld durchbringe. Du