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noch übrigen Theil des Weges ſprach ſie kein Wort mehr.
Ihr Sinn richtete ſich auf ein neues Mittel zu Luciens
Entdeckung, und zu Hauſe angelangt, ſagte man ihr, Herr
Lagnier ſei gekommen und wünſche ſehr, das Fräulein zu
ſprechen, weil er etwas Wichtiges mitzutheilen habe. —
— Mit freudiger Ahnung trat ſie in ihr Zimmer und
ſchon rief ſeine helle Stimme ihr entgegen: „Ich bin nicht
unthätig geweſen, mein Fräulein; hier iſt Luciens Adreſſe,
und ich habe ihre Mutter geſehen. „Die armen Ge⸗
ſchöpfe!“ ſetzte er hinzu, „ſie ſind wirklich in Noth. Ihr
Stübchen iſt fünf Treppen hoch; ein ſchlechtes Bett, eine
Kiſte, ein Tiſch und einige Stühle ſind faſt das einzige
Geräth darin. Die einzige Zierde war ein Roſenſtock
in einem Blumentopfe auf dem Fenſterbrett, halb verwelkt,
gleich ſeiner jungen Beſitzerin.“ — — „Sie ſind wol
keine Pariſerin?“ fragte Adele eifrig. — — „Nein,
liebes Fräulein. Was ich aus der Mutter Munde ver—
nahm, giebt eine kleine romantiſche Geſchichte. Ihr Mann
ſtarb vor einigen Jahren und hinterließ ein kleines Pacht—
ſtück mit einem netten Häuschen in der Normandie. Lueie
war ſehr ſchön; dieß ſagten alle Nachbarn und Frau
Delmont war ſiolz auf ihr Kind. Sie konnte den Ge⸗
danken nicht ertragen, daß das feine Mädchen einen Bauer
heirathen ſolle. Sie verkaufte das Gütchen und kam mit
der Tochter hierher, in der Hoffnung, ihre Schönheit werde
ihr ein beſſeres Loos ſichern. Von dem Kaufgelde und