Full text: Lebensbilder aus der Wirklichkeit, nach englischen Originalen bearbeitet und der heranreifenden Jugend zur belehrenden Unterhaltung gewidmet

war, um ihre eigne zu erhöhen; und ein unwiderſtehliches 
Verlangen, das Schickſal dieſes armen Geſchöpfs zu ken— 
nen, erfüllte ihre ganze Seele. Die beabſichtigte Ver— 
wendung ihrer Morgenſtunden ſchien gänzlich vergeſſen, 
und ſchon wollte ſie neue Pläne machen, als die Dame, 
deren Schutz ihr Vater ſie während ſeiner Abweſenheit 
von Paris übergeben hatte, ins Zimmer trat und ſie aus 
ihrer Träumerei mit dem Ausruf erweckte: „Oh Sie un⸗ 
artiges Mädchen! Da haben Sie mich nun ſchon eine 
volle halbe Stunde warten laſſen! War denn nicht der 
Wagen beſtellt, uns nach den Tuillerien zu bringen?“ — — 
„Ja, in der That, das war er; und ich bitte herzlich um 
Entſchuldigung, daß ich es faſt ganz vergeſſen hatte.“ 
Und ſogleich erzählte Adele ihrer Beſchützerin alles Vor— 
gefallene und bat ſie dringend ihr zu Luciens Entdeckung 
behülflich zu ſein. Frau von Heranville lachte, führte 
Gegengründe an, doch vergebens; und da ſie Adele feſt 
entſchloſſen ſah, willigte ſie, obgleich ungern, ein, das 
Fräulein bei ihren Nachforſchungen zu begleiten, indem 
ſie zugleich ihre volle Ueberzeugung ausſprach, daß dieſe 
Mühe nutz- und erfolglos ſein werde. — —— Der Tag 
verging mit Fahrten zu den Läden der erſten Modehänd⸗ 
lerinnen; doch keine derſelben konnte auch nur die geringſte 
Auskunft über das junge Blumenmädchen geben; nicht 
Eine hatte jemals ihren Namen gehört. Adele kehrte 
nach Hauſe um, zwar mit vereidelter Hoffnung für dies⸗
	        
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